Arbeitszeiten müssen erfasst werden

Bedeutung für Unternehmen

Auch wenn das BAG nun grundsätzlich entschieden hat, dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, ist noch immer ungeklärt, wie dies genau zu erfolgen hat. Eine Pflicht zur Einführung einer elektronischen Datenerfassung ist jedenfalls (noch) nicht in Sicht. Somit dürfte zunächst einmal jede Form der Arbeitszeitaufzeichnung ausreichend sein. Trotzdem ist der Gesetzgeber nun gefordert, endlich für Klarheit zu sorgen.

Bis dahin kann Arbeitgebern nur geraten werden, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten in irgendeiner Weise – und sei es handschriftlich – zu dokumentieren. Anderenfalls drohen Beweislastprobleme, z. B. wenn Beschäftigte die Vergütung von Arbeitszeit einfordern oder auch bei unerfreulichen Begegnungen mit den Arbeitsschutzbehörden.

Direkte Sanktionen bei einem Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 sieht das Areitsschutzgesetz (ArbSchG) bislang nicht vor. Eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit liegt erst dann vor, wenn die zuständige Arbeitsschutzbehörde dem betroffenen Arbeitgeber eine vollziehbare Anordnung zur Arbeitszeiterfassung zustellt und der Arbeitgeber nicht fristgemäß handelt.

Kein Ende der Vertrauensarbeitszeit

Für weitergehende oder gar übereilte Handlungen besteht jedenfalls kein Anlass. Auch muss diese Rechtsprechung nicht zwingend zum Ende von Vertrauensarbeitszeit oder anderen modernen Arbeitszeitformen, wie z. B. Homeoffice, führen. Vertrauensarbeitszeit bedeutet nämlich im Wesentlichen nur, dass die Beschäftigten die Lage ihrer Arbeitszeiten eigenverantwortlich planen, um das mit ihrem Arbeitgeber vereinbarte Zeitvolumen auch tatsächlich zu erfüllen. Die Rahmenbedingungen des ArbZG galten jedoch auch bei dieser Arbeitszeitform schon immer – auch wenn dieser Punkt gern übersehen wurde.

Dabei haben auch andere Arbeitsgerichte in der jüngsten Vergangenheit entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Mehr- und Unterarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit nicht nur zu erfassen und zu dokumentieren, sondern auch dem Betriebsrat darüber vollständige Auskunft zu erteilen. So hob das LAG München deutlich hervor, dass der Betriebsrat diese Informationen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben zwingend benötige. Der Arbeitgeber müsse das Gremium gem. § 80 BetrVG mit vollständigen Informationen in die Lage versetzen, die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und der Ruhezeiten überprüfen zu können. Kein Arbeitgeber könne sich, so das LAG, dieser Informationspflicht mit dem Argument entziehen, dass Arbeitszeiten aufgrund von Vertrauensarbeitszeit nicht erfasst würden, auch nicht mit Hinweis auf eine geltende Betriebsvereinbarung (LAG München vom 11. Juli 2022, 4 TaBV 9/22).

Somit dürfte die bislang gängige Praxis, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten nicht erfassen, der Vergangenheit angehören. Eine Dokumentationspflicht muss jedoch nicht zwingend zum Verlust von Flexibilität führen. Im Gegenteil: Viele Stellen bleiben derzeit unbesetzt, weil Bewerber Arbeitszeiten fürchten, die sich nicht mit ihrem Familienleben vereinbaren lassen könnten. So können Arbeitgeber die Entscheidung des BAG auch als Chance sehen, indem sie einen transparenten und nachvollziehbaren Überblick über die erfassten Arbeitszeiten und Abwesenheiten bieten.