Dienstreise: Reisezeit ist Arbeitszeit

Abweichende Regelungen in Arbeitsverträgen zulässig

Jedoch können, beispielsweise in Arbeits- oder Tarifverträgen, gesonderte Vorgaben zur Anrechnung von Reisezeiten auf die Arbeitszeit enthalten sein, mit denen in zulässiger Weise auch von der Hauptvergütung abgewichen werden darf. Ein vollständiger individualvertraglicher Ausschluss der Vergütung für Reisezeiten wird allerdings nicht mehr zulässig sein.

Macht der Arbeitnehmer auf seiner Dienstreise einen privaten Zwischenstopp, muss der Arbeitgeber für diese Verlängerung der Reisezeit nicht aufkommen.

Die neuere Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 15. 11. 2018, 6 AZR 294/17) geht von einem Vergütungsanspruch zudem nicht nur für vertraglich vereinbarte, sondern für alle vom Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts angeordneten Tätigkeiten aus. Vor diesem Hintergrund sind auch Reisezeiten zu vom Arbeitgeber angeordneten Fortbildungen in vollem Umfang als vergütungspflichtige Arbeitszeit gutzuschreiben, völlig unabhängig von der Dauer der Reisezeit.

Arbeitsrechtlich ungeklärt ist, wie sog. Anschlusstätigkeiten zu bewerten sind, beispielsweise wenn der Mitarbeiter nach einem Termin mit einem Kunden oder Geschäftspartner zum Essen geht oder eine Veranstaltung besucht. Für diese Fälle sollten individuelle Lösungen gefunden werden.

Praxistipp

Das BAG hat zwar Entscheidungen zur Anrechnung von Dienstreisen auf die Arbeitszeit getroffen, dabei jedoch ausdrücklich offen gelassen, wie Reisezeiten unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten einzuordnen sind, v. a. wenn die Dienstreise länger als zehn Stunden dauert.

Eine Vergütung aller Stunden macht eine lange Dienstreise arbeitsschutzrechtlich nicht zulässig. Dauert beispielsweise eine Fahrt mit dem Dienstwagen zu einem Kunden fünf Stunden und die Besprechung vor Ort drei Stunden, müsste der Arbeitgeber den Mitarbeiter anhalten, die Rückfahrt zumindest nicht mehr vollständig durchzuführen – anderenfalls läge ein Verstoß gegen § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vor.